25 Juli 2008

Verhalten gegenüber Kameramännern für Dummies

Gerade beim Festplattenaufräumen fiel mir dieser Text in die Hände den ich vor einer gefühlten Ewigkeit mal fürs craplog geschrieben habe. Schade dass er offline so rumgammelt, deshalb nun hier ein weiteres mal:

Damit ein Kameramann so fröhlich bleibt wie auf diesem Bild gibt es ein paar einfache Verhaltensregeln für den Passanten, der einem Vertreter dieser doch recht selten gewordenen Gattung auf der Straße begegnet:

1. Vermeiden Sie es mehrmals „unauffällig“ durchs Bild zu laufen, sie sind auffälliger als Sie denken. Auch Winken, in die Kamera Lachen und das Stehenbleiben im Bild (oft einhergehend mit dem Anrufen von Verwandten und Bekannten, die nachschauen müssen ob sie Sie gerade im Fernsehen sehen) geziemt sich nicht. Machen Sie sich keine Illusionen: Sie werden so oder so aus dem fertigen Beitrag herausgeschnitten.

2. Versuchen Sie nicht ein Fachgespräch mit einem Kameramann anzufangen den Sie in der Ausübung seines Berufes antreffen, nur weil Sie in den 70er Jahren eine Schmalfilmkamera besessen haben, oder in den 90er Jahren überlegt haben sich eine kleine Videokamera für den Familienurlaub anzuschaffen. Auch das wahllose Einstreuen von in den Medien gehörten technischen Fachausdrücken kann nicht darüber hinwegtäuschen, dass Ihr Gegenüber Ihnen mit seinem messerscharfen technischen Sachverstand meilenweit überlegen ist. Er weiß sogar was die von Ihnen benutzten Begriffe bedeuten, und wird bestenfalls schmunzeln solange Sie daneben stehen, in jedem Fall aber wird er sie abends mit den Kollegen ebenso schallend auslachen wie seinen Chef oder die Moderatoren, die bei der gemeinsamen Arbeit ebenfalls gerne Fachbegriffe verwenden ohne zu wissen wovon sie sprechen.

3. Wenn Sie schon vor einer Kamera die gerade aufnimmt (erkannbar zum Beispiel an dem roten Licht an der Vorder- und Rückseite, oder den 10 bis 20 Praktikanten die versuchen sie daran zu hindern durchs Bild zu laufen) durchs Bild laufen müssen, dann tun Sie dies bitte wie folgt: zügig, aber ohne zu rennen! Entschuldigen Sie sich nicht indem Sie vor der Kamera stehen bleiben und „Entschuldigen Sie!“ oder „bin ich ihnen jetzt ins Bild gelaufen?“ sagen, gehen Sie einfach weiter. Bitte ducken Sie sich nicht während Sie vorbeilaufen, das bringt nichts und ist –je nach Alter- auch nicht ganz ungefährlich. Gehen sie auf keinen Fall noch einmal zurück um zu schauen ob Sie gerade durchs Bild gelaufen sind (die Antwort lautet: ja...). Schauen sie AUF KEINEN FALL in die Kamera, das machen nur geltungssüchtige Nachrichtenredakteure und Moderatoren.

4. Folgende Fragen will kein Kameramann hören, drucken Sie sich diese Liste aus, schreiben Sie sie zum Lernen 100 mal ab und rechnen Sie mit Gewalt, wenn Sie trotzdem einmal mir oder einem meiner Kollegen eine stellen:

- „Ist das nicht schwer?“ (Würden Sie einem Möbelpacker die selbe Frage stellen...?)
- „Von welcher Zeitung/welchem Radiosender sind Sie denn?“ (Das ist leider kein Witz, diese Frage wurde mir bereits mehrfach gestellt, und auch bei Kollegen entwickelt sie sich in den letzten Jahren zu einem verhassten Klassiker aus der Reihe „die dämlichsten Fragen aller Zeiten“...)
- „was fotografieren/filmen Sie da?“ (Willkommen im 21. Jahrhundert! Willkommen im Zeitalter der Tapes, DVDs und Festplattenrekorder! Eine Kamera filmt nicht, sie nimmt auf. Bei Film(!)produktionen wird gefilmt, aber da können Sie auch nicht stören da alles weiträumig abgesperrt ist.)
- „Wann/wo wird denn das gesendet?“ (nicht alles was irgendwo aufgenommen wird wird auch irgendwo gesendet. Interessant hierbei finde ich, dass mich noch nie (!) jemand nach „wo“ UND „wann“ gefragt hat, sondern immer nur entweder das eine oder das andere wissen wollte)
- „Bist Du von MTV?“ (Ja. Deswegen stehe ich mit einem Redakteur in einer Fußgängerzone einer Kleinstadt und mache eine Umfrage unter Rentnern.)
- „Kann mein Enkel mal ein Praktikum bei Ihnen machen? Er ist 12 und soooo kreativ!“ (Nein, ist er nicht.)
- „Machen Sie das beruflich?“ (Nein, ich gehe zum reinen Vergnügen auf Veranstaltungen wie „die IHK Hauptversammlung“, „IT-Cluster in Bayern – auf in die Zukunft!“ oder auch „125 Jahre Stadtteilmuseum – ein Leben in Bildern“, mache dort rein privat Aufnahmen und zeige diese dann am Wochenende meinen Freunden, damit sie mich um mein aufregendes Leben beneiden.)
- „Kennen Sie Günter Jauch?“ (Es mag Sie vielleicht überraschen, aber hinter jeder Nummer auf Ihrer Fernbedienung verbirgt sich ein anderer Sender mit anderen Mitarbeitern, die sich nicht alle untereinander kennen. Ich beantworte diese Frage trotzdem immer gerne mit „ja“, schließlich habe ich ihn schon mal gesehen. Im Fernsehen natürlich.)

5. Entgegen der allgemein üblichen Meinung sind nicht alle Leute die im Medienbereich arbeiten alkohol- oder nikotinabhängig. Nicht jeder Kameramann freut sich über ein ihm bei der Arbeit angebotenes Bier oder trägt stets ein Feuerzeug bei sich um vorbeiziehenden Rauchern Feuer anbieten zu können.

6. Fragen Sie nicht ob Sie Ihren Lebenspartner, Nachbarn oder Ihr Haustier vor der Kamera grüßen dürfen, meines Wissens ist dies in Nachrichten- und Magazinbeiträgen in Deutschland realtiv unüblich.

7. Fassen Sie unter keinen Umständen Teile des Equipments an, es besteht die Gefahr eines Hexenschusses (beim Tragen der Geräte) und anschließend schwereren körperlichen Schmerzen (nach dem Fallenlassen der Kamera oder des Stativs wegen Ihres Hexenschusses).

8. Auch hippe Medienmenschen freuen sich wenn sie von Personen die sie nicht kennen nicht automatisch mit „Du“ angesprochen werden.

9. Fragen Sie unter keinen Umständen nach einer Drehgenehmigung, Sie können davon ausgehen dass alles seine Ordnung hat. Haben Sie schon einmal einen Bauarbeiter bei der Arbeit gefragt ob er das was er gerade macht auch darf? Wenn Sie das Bedürfnis verspüren sollten doch nach einer Drehgenehmigung fragen zu müssen, unterdrücken Sie es! Kaufen Sie sich im nächstgelegenen Fachgeschäft für Schreibwaren einen kleinen Block und einen Stift und schreiben Sie alle Falschparker in Ihrer Stadt auf, um danach die Polizei darüber zu informieren, das wird Sie beruhigen.

10. Geben Sie niemals, unter keinen Umständen, NIE NIE NIE einem Kameramann gestalterische Tipps wenn Sie nicht zum Team gehören. Es könnte passieren, dass er sie sich zu Herzen nimmt und das gedrehte Material dann aussieht wie Ihr letztes Urlaubsvideo, bei dessen Vorführung Ihre gesamte Verwandtschaft in einen koma-ähnlichen Tiefschlaf gefallen ist...

Wenn Sie diese Ratschläge befolgen können wir uns in Zukunft wieder besser auf unsere Arbeit konzentrieren, und dann wird das Fernsehprogramm vielleicht auch wieder besser, versprochen...

2 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

xD den text hab ich erst letzte woche gelesen^^

Anonym hat gesagt…

hehe, nett geschrieben!
ich kann mir direkt vorstellen wie nervig das ist..